Chronik des Vereins

Geschichte des TSV Biessenhofen

 

1920, der erste Weltkrieg war vor 2 Jahren zu Ende gegangen, die Kriegsgefangenen kehrten heim, der Versailler Vertrag trat in Kraft, die Weimarer Republik kämpfte bereits ein Jahr nach ihrer Gründung um ihr Überleben und die Inflation nimmt rasant zu. Das waren die äußeren Bedingungen. Da machte sich in Biessenhofen die Anregung bemerkbar, einen Turnverein zu gründen, wie es im Gründungsprotokoll heißt. 26 Turner taten sich am l4.Oktober 1920 zusammen und gründeten den TSV Biessenhofen.

  1. Vorstand war Josef Gressmann.

In den Städten waren die Turnvereine bereits in der Zeit von 1855 –1865 gegründet worden. So zum Beispiel in Kaufbeuren und Marktoberdorf und auch 1860 München trägt seit damals seinen Namen.

Turnen bestand damals aus Leichtathletik und Geräte turnen, andere Sportarten gab es nur in den Städten und das auch noch recht spärlich.

Zuerst musste der Verein bei der Gemeinde angemeldet werden und am l4. November 1920 schreibt die Ortsverwaltung an den Ausschuss des TSV Biessenhofen:

Betreff: Gründung eines Turnvereins und Zöglingsriege, finanzielle Unterstützung und § 33.

Beschluss: Zu der heute anberaumten Ortsverwaltungssitzung wurden sämtliche 4 Mitglieder geladen und 3 erschienen, so dass die beschlussmäßige Zahl anwesend ist.

Die Erschienenen beschließen zu nebenstehenden Betreff wie folgt: Zur Gründung und Errichtung eines Turnvereins besteht unsererseits keine Erinnerung, jedoch mit einer Zöglingsriege können wir uns nicht ganz einverstanden erklären, zumal für junge Leute im Alter von 13-16 Jahren. Eine finanzielle Unterstützung wird von Seite der Ortsverwaltung begutachtet, bedarf aber der Genehmigung einer Gesamtversammlung, zu § 33 erklären wir uns einverstanden.

Die Ortsverwaltung Theodor Bracht, Ortsvorsteher, Xaver Eurisch, Johann Schmölz.. Der TSV wurde wohlwollend und vorsichtig aufgenommen, denn wo junge Leute sich zusammentun ist meistens Vorsicht geboten.

Die Turner waren auch von Anfang an recht rührig. Von Anfang an wurden Sportfeste der Umgebung rege besucht bis hin nach Krumbach, Nördlingen und Oberstaufen.

Akribisch genau wurden alle Sportfeste, Teilnehmer und erzielte Plätze in einem Buch aufgezeichnet.

Das Buch endet erst 1942 mit einem Eintrag,

dass Hans Gressmann das Sportabzeichen geschafft hat. Besonders hervorgehoben sind die Teilnahmen an den Deutschen Turnfesten in Köln (1928), Stuttgart (1933) und Breslau (1938). Alfons Segl schaffte in Stuttgart einen 10.Platz und in Breslau einen 30 Platz.

Wir müssen noch einmal zurück zu 1920. Der Verein war gegründet, es fehlte an einem Übungsraum, an Geräten und an Geld. An dieser Stelle muss einmal der Leistungen der Firma Alpursa, wie sie damals hieß und ihrer Direktoren Elsner, Lenher, Freuler und Maierhofer gedacht werden, denn ohne sie ist der Anfang des TSV Biessenhofen nicht denkbar.

Sie stiftete die ersten Geräte und stellte zuerst die Veranda des Gasthauses Bären als Übungsstätte zur Verfügung. Ebenso erbauten sie neben dem Gasthaus Bären eine Turnhalle, die bis 1974 in Betrieb war.

Am 1. September 1921 wurde zwischen der Firma Alpursa und dem TSV Biessenhofen ein Vertrag geschlossen in dem die Firma dem TSV Biessenhofen die Halle unentgeltlich zur Abhaltung von Turnstunden überlässt. Die Firma hat auch die Halle immer wieder in Stand gesetzt.

1932 nachdem bei einem Hochwasser das Wasser über ein Meter hoch in der Halle stand als auch wieder nach dem Krieg. 1939 war die Halle beschlagnahmt worden und wurde als Lager für Kriegsgefangene benutzt.

Auch eine Turnwiese stellte die Alpursa den Turnern zur Verfügung. Heute stehen dort die Häuser am Sonneneck. 1921 war auf dieser Wiese das erste große Sportfest.

Zurück zum Geld: 1920 betrug der Vereinsbeitrag 75 Pfennige pro Quartal. Im Jahre 1923 wurde dann in der Jahresversammlung der Beitrag von 50 DM pro Quartal auf 500.000 (Fünfhunderttausend) DM festgesetzt

Im April 1924 war das Geld offensichtlich schon wieder mehr wert. Denn die Turner brauchten eine Fahne. Eine einfache, mit dem Ortsbild auf der einen und den 4 F auf der anderen Seite hätte 600,- Reichsmark gekostet. Eine Fahne mit dem Ortsbild und dem Bildnis des Turnvaters Jahn auf der anderen Seite 850,- Reichsmark. Man entschied sich für den Turnvater Jahn; mit Spitze und Fahnenbändern kostete die Fahne dann 1000.-Mark. Durch eine Sammlung kamen 400,-Mark zusammen (die Sammellisten sind noch vorhanden) und Direktor Lehnherr spendete die fehlenden 600,-Mark. Am 14.September 1924 wurde die Fahne eingeweiht. Die Fahne begleitete die Turner zu allen großen Sportfesten, zu Beerdigungen und Feiern. Bei Kriegsende war sie in einem Fahnenschrank im Gasthaus Bären untergebracht. Eine amerikanische Einheit, die anschließend nach Italien versetzt wurde hat sie auf Nimmerwiedersehen mitgenommen.

Bei Festen wird auch immer der Männerchor

Biessenhofen erwähnt, der diese Feiern musikalisch gestaltete. 1932 wurde auch ein Streichorchester Cäcilia gegründet, das vor allem die Turnerbälle zu denkwürdigen Ereignissen machte.

Auch Theater wurde viel gespielt. Uns sind ca. 20 Theaterzettel erhalten geblieben, die von der Freude der Turner am Theaterspiel berichten.

Auffallend ist auch, dass bei allen Ansprachen und Festvorträgen im Gegensatz von heute vor allem der erzieherische Gedanke des Sports hervorgehoben wurde. Dazu ein Auszug aus einem Zeitungsartikel über eine Ansprache, die am l. Dezember 1921 anläßlich der Feier der Übergabe der Sportgeräte von der Alpursa an den TSV Biessenhofen gehalten wurde:

„Der als werter Gast erschienene Vorsitzende des Allgäuer Turngaues Herr Enderle –Kempten- erläuterte in einem markigen Vortrage die theoretischen Vorzüge, die unbedingte Notwendigkeit der Stählung von Körper und Geist, worin ja eigentlich das höchste Gut der Gesundheit liegt, ferner die moralischen und erzieherischen Werte der deutschen Turnerei, welche unser gesamtes Volk gerade nach dem so langen Krieg und den Wirren der Revolution nun mehr als dringend bedarf. Denn die früheren Sitten des Gehorsams, des Gottvertrauens der Sparsamkeit und der Arbeitsfreude sind von unserer Jugend ganz und gar vergessen worden. Besonders der Ausfall der Militärpflicht nahm den verkommenen jungen Leuten den Ordnungssinn und die Disziplin. Des weiteren sind die echte Brüderlichkeit und die harmlose Fröhlichkeit die richtigen Stützen im idealen Turnwesen.“

1928 wurde der Tennisclub Alpursa mit den Tennisplätzen an der Schützenstraße als neue Abteilung des TSV Biessenhofen begründet. Die Alpursa baute die Plätze in erster Linie für ihre Mitarbeiter. Über die Aufnahme der Mitglieder entschied aber nicht der TSV sondern die Fabrik.

Über weitere Sportarten die um diese Zeit betrieben wurde, wird berichtet: Skigefahren wurde von den Turnern im Langlauf und Alpin rund um Biessenhofen. 1932 wurde eine eigene Skiabteilung gegründet. Bei Turnfesten wurden auch Faustballwettkämpfe durchgeführt, an denen Biessenhofener Turner mit Erfolg regelmäßig teilnahmen.

lm Jahre 1931 löste Alfred Schwarz Herrn Josef Gressmann als 1.Vorstand ab. Alfred Schwarz war von der Gründung weg als Adjudant von Herrn Gressmann im Verein tätig. Damit ging ein erster Abschnitt zu Ende und eine neue Zeit begann.

88 Mitglieder zählte der TSV Biessenhofen am 1. Januar 1932.

Doch zuerst gab es Schwierigkeiten. 1932 überfluteten Wertach und Kirnach Biessenhofen mit einem schlimmen Hochwasser. Die Turnhalle stand 1 Meter unter Wasser. Die Turnhalle war nicht mehr brauchbar und musste völlig renoviert werden. Wieder sprang die Fabrik ein und renovierte die Halle.
lm März 1933 hatte politisch die neue Zeit begonnen. Am 22. April war bereits in Marktoberdorf im Gasthaus Mühlegg eine Versammlung mit dem Thema: „Wie stellt sich die Turnerschaft zur Nationalen Erhebung?“
Am 21. August musste der TSV eine vorgezogene Jahreshauptversammlung durchführen, da die NSDAP-Ortsgruppe einen Antrag auf Gleichschaltung gestellt hatte. Gleichschaltung bedeutete theoretisch die Übereinstimmung mit den ideologischen Zielen der Partei herzustellen und in der Praxis, dass 51 % der Vorstandschaft Mitglied der Partei sein mussten. Der Schriftführer, der bei dieser Versammlung mit 55 von 57 Stimmen gewählt worden war, konnte sein Amt nicht annehmen, da er nicht Mitglied der Partei war.
Am 15. 11. 1933 mussten die Turnvereine in Fragebögen ihr Verhältnis zur SA beantworten. Darin musste unter anderem auch die Frage beantwortet werden, ob durch die im März erfolgte Gründung nicht die Existenz des Turnvereins in Frage gestellt wurde. In Biessenhofen war die Existenz des TSV dadurch nicht in Frage gestellt, aber es war wohl nicht überall so.

Zur Hälfte musste die Turnhalle

der SA überlassen werden, die dort das Exerzieren übte. In einem Schreiben beschwert sich die Vorstandschaft beim Ortgruppenleiter, dass diese mit ihren nicht immer sauberen Stiefeln den Fußboden ruinieren. Die Kosten für gemeinsam genutzte Dinge wie z.B. Medizinbällen wurden gemeinsam getragen.

1935 mussten die Turnvereine statt ihrer bisherigen Vereinssatzung die Einheitssatzung für Leibesübungen des Reichsbundes übernehmen

1936 war das Jahr der Olympiade. Die Fabrik stellte ihre Lastwagen zur Verfügung und fuhr die Sportler nach Garmisch-Partenkirchen. Es war schon damals nicht erlaubt, Personen auf der Ladefläche eines LKW zu transportieren. Zunächst bedurfte es mehrerer Schreiben hin und her, aber Dank der wohlwollenden Unterstützung des Landratsamtes war der Besuch der Olympiade doch möglich, von der die Rückkehrenden begeistert berichteten.

Bis 1939 wurden noch Sportfeste fleißig besucht, aber sonst ist es in den uns vorliegenden Aufzeichnungen recht ruhig geworden.

Der zweite Weltkrieg hatte begonnen. Alle Sportler im wehrfähigen Alter wurden eingezogen. Die Turnhalle wurde in diesem Jahr zur Unterbringung von Kriegsgefangenen beschlagnahmt. Am 6. November 1940 war die letzte Jahreshauptversammlung.

Erst 1947 wurden die Sportvereine wieder zugelassen. Die Vorstände mussten zuerst ihre Spruchkammerbescheide vorlegen, damit der Verein wieder eine Lizenz erhielt. Die Fabrik hatte die Halle wieder renovieren lassen und der Schulsportplatz an der Schützenstraße wurde in Krautgärten für die Flüchtlinge umgewandelt.

lm Jahre 1949 löste Bernhard Diller Alfred Schwarz als 1.Vorstand ab.

Dann ging es schnell wieder bergauf und besonders Tischtennis und Handball sorgten mit großartigen Kämpfen dafür, dass der Name Biessenhofen im Allgäu und in Schwaben einen guten Ruf erhielt. 1952 schafften die Handballer den Aufstieg in die Schwäbische Oberliga. Handball war damals noch Feldhandball.

Auch später, als aus Feldhandball Hallenhandball geworden war, spielte Biessenhofen mehrere Jahre in der obersten schwäbischen Bezirksliga, der obersten schwäbischen Spielklasse.

Unter großen Mühen und Anstrengungen war der Sportplatz an der Schützenstraße gebaut worden und einige Zeit danach der Allwetterplatz.

Der ERC Biessenhofen

hatte bei der Stegmühle einen Eissportplatz erbaut und im Sommer spielten die Eishockeyspieler als Ausgleich Fußball. Handball war damals die Sportart Nummer 1 und es gab im Sport und im Gemeinderat lange Diskussionen, ob überhaupt Fußball gespielt werden darf, und der Gemeinderat in Biessenhofen beschloss, dass in Biessenhofen nicht Fußball gespielt werden darf. Dieser Beschluss hielt nicht lange. Der ERC löste sich 1974 auf . die Fußballer schlossen sich dem TSV an und die Eishockeyspieler gingen zum TSV Marktoberdorf.

Der Verein war bis dahin stark gewachsen und die Turnhalle viel zu klein geworden. Auch hatte sich Feldhandball zum Hallenhandball gewandelt und die Handballer hatten weder eine Trainings- noch Wettkampfmöglichkeit. 1974 war es dann soweit. Für die Heimspiele stellte die Bundeswehr in Kaufbeuren ihre Fliegerhorsthalle zur Verfügung. Die Turnhalle an der Jahnstraße wurde eingeweiht und bot nun auch der neugegründeten Volleyballabteilung gute Spielmöglichkeiten.

Mit der Schule kam dann der neue Sportplatz mit den Umkleidemöglichkeiten und Außengeräteräumen.

Es fehlte noch die Möglichkeit zum Tennisspielen für alle, da die Plätze des TC Alpursa nur Firmenangehörigen zur Verfügung standen. Anschließend an das Schulsportgelände hatte die Gemeinde ein geeignetes Grundstück erworben. 1981 konnte die neu gegründete Tennisabteilung das Tennisheim und die ersten beiden Tennisplätze einweihen. 1988 kamen noch zwei weitere Tennisplätze hinzu.

Die Fußballabteilung baute noch einen weiteren Fußballplatz und einen Trainingsplatz mit Beleuchtung.

1993 meldete der TSV Biessenhofen eine Tanzsportgruppe beim Bayerischen und Deutschen Tanzsportverband an. Getanzt wird Boogie-Woogie und zwar so gut, dass sie bei dem von ihnen jährlich besuchten Turnier in Berlin, an dem auch Deutsche und Europameister teilnehmen, mit vordersten Plätzen nach Hause kamen.

2010 wurde noch eine Radsportabteilung gegründet.

So hat der TSV Biessenhofen heute hervorragende Sporteinrichtungen und hat etwa 660 Mitglieder.

TSV Biessenhofen

c/o Ulrich Hanke
Dammweg 2
87640 Biessenhofen

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